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Einziges in Deutschland erstelltes Haus von Jean Prouvé

Dass Jean Prouvé im Saarland diesen Prototyp baute ist vermutlich dem Umstand geschuldet, dass das Saarland nach dem Krieg unter französischem Protektorat stand und Jean Prouvé in freundschaftlicher Beziehung zu der Militärregierung des Saargebietes stand.  Des Weiteren war er mit mehreren im Saarland arbeitenden Architekten befreundet.

Mit dem Hintergrund des fehlenden Wohnraums nach dem Krieg wird im Juni 1946 der Plan gefasst, in Neunkirchen (Saar) eine Siedlung mit 137 vorgefertigten Häusern zu errichten.

Im Dezember 1946 wird hierzu die Stahlhaus GmbH gegründet, in die die Ateliers Jean Prouvé (AJP)  die Herstellungstechniken und die beratenden Ingenieure mit einbringen.

Wenige Monate später wird ein Prototyp eines Hauses  8 x 8 m in Saarbrücken auf den Saarwiesen errichtet.

Aus nicht bekannten Gründen wird die Stahlhaus GmbH im Jahre 1948 schon wieder aufgelöst und eine Realisierung der anderen Häuser kommt nicht zustande.

Das Haus wurde 1955 an den Saarbrücker Architekten Walter Knoll verkauft.

1960 musste es wegen des Autobahnbaues demontiert werden.

Die Stadt Saarbrücken stellte dem Besitzer eigens für den Wiederaufbau ein Grundstück an anderer Stelle zu Verfügung.

1983 Verkauf des Hauses an Dieter Kreuter.

Dann 1992 erste historische Recherchen durch das Laboratoire d´Histoire de L´Architecture Contemporaine, Nancy durch Catherine Colay.

1994 Begutachtung des Hauses durch Peter Sulzer, dem Autor der Bücher „Jean Prouvé Oeuvre complète / Complete Works Volume 1–4“.

Hierbei waren Peter Sulzer die Vorrecherchen von Catherine Colay sehr hilfreich.

2004 Vermessung des Hauses durch die HTW (Hochschule für Technik und Wirtschaft ) des Saarlandes.

2005 errichtete der Besitzer Dieter Kreuter auf dem Kellergeschoss des Stahlhauses ein neues Gebäude.

Die Stahlbodenkonstruktion des Prouvéhauses ging dabei weitestgehend verloren, da sie als Unterkonstruktion für die neue Kellerdecke verwendet wurde.

Mein Kollege Oliver Zid und ich konnten dann die Restbestände (siehe Skizze) erwerben und sichern.

Als kritische Anmerkung kann man hier sagen, dass die Stadt Saarbrücken insbesondere die Denkmalbehörde es leider versäumte, hier ein einzigartiges kulturelles Erbe zu erhalten. Es würde nicht nur das Schaffen Jean Prouvés aufzeigen, sondern könnte auch ein eindrucksvoller Zeitzeuge der saarländischen Nachkriegsgeschichte sein.

In grün gezeichnet der Teil des Stahlhauses, der noch erhalten geblieben ist.


Aus der Zeitschrift „BAU“ Jahrgang 1 Heft 2  ca. 1946

Herausgegeben von Otto Renner, Dipl.- Ing Architekt


In dieser Ausgabe ist unter dem Titel „Vorfabriziertes Stahlhaus nach einem System von Jean Prouvé“  eben genau dieses Haus besprochen.
Auf der Titelseite ist die Ansicht des Mittelträgers zu sehen.

In einer Photoabfolge sind die einzelnen Zwischenstufen des Aufbaues, das fertige Haus und eine Innenaufnahme dokumentiert.

„Vorfabriziertes Stahlhaus

Nach einem System von Jean Prouvé

Die Photos erläutern dieses System, das darauf beruht, auf zwei Böcken aufgesetzt, die gesamte Tragkonstruktion darstellt. Man sieht auch die Konstruktion des Fußbodens und die Rahmen für die Decke. Träger und Stützen sind aus entsprechend gebogenem Stahlblech.

Die Wandelemente bestehen aus Formblech; es lassen sich Bleche der verschiedenen Metalle verwenden: nichtrostender Stahl, Aluminium, Kupfer und andere. Auch für die Innenverkleidung können verschiedene Materialien verwendet werden wie Metall, Holz, Kunststoffe, Glas.

Für Wärme- und Schallisolierung ist besonders gesorgt. Die Außenverkleidung ist von der Innenverkleidung getrennt.

Durch die besonderen Deckleisten an den Stoßfugender Wandelemente ist der Bewegung der Außenverkleidung durch Temperatureinflüsse Rechnung getragen.

Bei der Montage des Hauses ist ein Gerüst nicht erforderlich. Die schwersten Teile der Konstruktion können von zwei Mann gehoben werden.

Für das Serienhaus ist folgende Kücheneinrichtung vorgesehen:

Elektrischer Herd mit vier Kochstellen und Backofen, 1 Doppelausguß, 1 Kühlschrank, verschiedene Wandschränke. Dazu eine Waschküche, in der ein doppelter Waschtrog, 1 Waschmaschine, 1 Gastrockenvorrichtung, 1 Wäschebehälter für gebrauchte Wäsche aufgestellt werden kann.

Die Waschküche hat einen Extra Eingang von außen.“